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Steuern / Einkommensteuer 
Dienstag, 22.07.2025

Zum Zeitpunkt der Aktivierung von Provisionsansprüchen bei Versicherungsvertretern

Der Zeitpunkt, zu dem Provisionsansprüche von Versicherungsvertretern zu aktivieren sind, bestimmt sich nach der Vertragsgestaltung im jeweiligen Einzelfall. Diese kann an das in § 92 Abs. 4 HGB (Handelsgesetzbuch) geregelte gesetzliche Leitbild anknüpfen, muss dies aber nicht. So entschied der Bundesfinanzhof (Az. X R 12-13/22). Wenn sich aus der maßgeblichen Provisionsregelung ergebe, dass ein Provisionsanspruch für ein vermitteltes Geschäft noch nicht entstanden ist, handele es sich bei gleichwohl vom Auftraggeber vorgenommenen Auszahlungen lediglich um Provisionsvorschüsse. Diese seien beim Versicherungsvertreter als erhaltene Anzahlungen zu passivieren und daher zunächst noch nicht gewinnrealisierend.

Die Kläger waren Eheleute, die für die Streitjahre 2008 und 2010 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger war als Vermittler für ein Unternehmen (U) tätig, das Finanzprodukte vertreibt. Er hat nach Nr. I Abs. 1 des zwischen ihm und U geschlossenen “Vermögensberater-Vertrags” die Rechtsstellung eines Handelsvertreters im Sinne der §§ 92, 84 ff. HGB und vermittelt im Wesentlichen den Abschluss von Versicherungsverträgen. Seinen Gewinn ermittelt er durch Betriebsvermögensvergleich. Nach Nr. IV Abs. 1 des Vermögensberater-Vertrags erhielt der Kläger für seine Vermittlungstätigkeit eine ausschließlich erfolgsabhängige Vergütung in Form von Provisionen. Für die Vermittlung von Verträgen, bei denen Stornohaftungszeiten zu beachten waren, entstand der Provisionsanspruch erst, wenn der geworbene Kunde die nach den Provisionsbedingungen vorgesehene Anzahl an Beiträgen entrichtet hatte. Gleichwohl leistete U für die Vermittlung solcher Verträge auch vor dem rechtlichen Entstehen des Provisionsanspruchs auf freiwilliger Basis und im Wege der Vorfinanzierung Zahlungen an seine Vermittler, die allerdings laufzeitanteilig zurückzugewähren waren, wenn der vermittelte Vertrag vor Ablauf der Stornohaftungszeit aufgelöst wurde. Zur Sicherung der vorfinanzierten Beträge nahm U einen als “Rückstellung” bezeichneten Einbehalt vor, dessen Höhe sich ‑‑in Abhängigkeit vom erzielten Umsatz‑‑ auf 10 bis 20 % der vorfinanzierten Beträge belief. Gutschriften, Belastungen und Zahlungen wurden in einem von U für den jeweiligen Vermittler geführten Kontokorrentkonto erfasst. Über Provisionen und deren Stornierungen sollte monatlich abgerechnet werden, über die “Rückstellungen” vierteljährlich.

In den Jahresabrechnungen über die “Rückstellungen” wurden zum einen die sog. “erforderlichen Rückstellungen” ausgewiesen. Aus einem Abrechnungs-Musterformular der U ergab sich, dass es sich dabei um die nach Nr. IV Abs. 12 des Vermögensberater-Vertrags einzubehaltenden Beträge handelte, die sich rechnerisch nach Maßgabe der vorfinanzierten Provisionen und des vertraglichen Rückstellungs-Prozentsatzes ergaben (vom Finanzgericht ‑ FG ‑ als “Soll-Rückstellung” bezeichnet). Zum anderen wurde in den Jahresabrechnungen der Ist-Stand der “Rückstellung” angegeben. Dieser Ist-Stand wurde nicht direkt erläutert. Allerdings wurde eine “Überdeckung” (wenn die “Ist-Rückstellung” die “Soll-Rückstellung” überstieg) auf das laufende Kontokorrentkonto umgebucht und stand dem Vermittler dort zur Verfügung. Im Fall einer “Unterdeckung” (wenn die “Soll-Rückstellung” die “Ist-Rückstellung” überstieg) konnten aus dem Provisionsrückstellungskonto keine Auszahlungen erfolgen, bis wieder eine Überdeckung vorlag. Das Musterformular enthielt einen Hinweis darauf, dass die “Ist-Rückstellung” in der Bilanz des Vermögensberaters zum jeweiligen 31.12. des Jahres zu aktivieren sei.

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